Hirsch

Wer kennt es nicht, das kitschige Bild vom röhrenden Hirsch, dass in zumeist mit anderem Kitsch vollgestopfen Wohnungen seelisch verarmter Stadtmenschen hängt und wenigstens eine kleine romantische Erinnerung an frische Luft, Natur und Freiheit erhalten soll. Viele Menschen haben keinen wirklichen Bezug mehr zur Natur, ohne die sie aber anscheinend auch nicht leben können. Also gibts diese Hirschbilder, Bambi und andere überniedliche Tierchen aus Disneys Trickfilmschmiede. Diese Art der Darstellung wird dem stolzen Hirsch aber nicht im mindesten gerecht.
Der Hirsch ist ein wildes Tier, dass seinen Instinkten und den Notwendigkeiten des Überlebens folgt. Er trägt ein riesiges Geweih mit sich. Dafür braucht man einen starken Nacken, wenn man den Kopf aufrecht halten und auch noch Kämpfe bestreiten will. Hirsche sind Weidetiere und damit die natürliche Beute größerer Raubtiere. Sie sind extrem vorsichtig und haben ihre Umgebung immer im Blick. Aber wenn ein Hirsch nicht mehr fliehen kann oder eine Chance sieht, wird er den Kopf senken und kämpfen. Er kann uns also zeigen, wann es Zeit ist zu fliehen und wann man sich seinem Gegner stellen muss.
Stolz ist ein weiteres Thema des Hirsches. Wann kann und soll man den Kopf hochhalten und wann ist es besser, ein wenig nachzugeben? Wieviel Leben sollte man seines Stolzes wegen aufgeben? Wenn Stolz nur eine Maske ist, um Schwäche zu verbergen oder andere Menschen von sich fernzuhalten, stimmt etwas nicht.
Jedes Jahr aufs Neue werfen Hirsche ihr Geweih ab, um Platz zu schaffen für ein neues, noch größeres Geweih. Der Hirsch lehrt uns also auch, dass es manchmal nötig ist, Ballast abzuwerfen. Erst wenn Altes abgelegt ist, kann Neues kommen. Im Bast, wenn das neue Geweih noch wächst, ist der Hirsch seiner stärksten Waffe beraubt. In dieser Zeit wird er weder kämpfen noch sich fortpflanzen. Man könnte sagen, er ist seiner Männlichkeit beraubt. Männern kann er einiges über die weibliche Seite in ihnen beibringen und wie es ist, Stolz wie Masken fallenzulassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

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